Chormanagement

Artikel aus: Gospelszene.de

Mitgliederwerbung

Wie und wo lassen sich potentielle Sänger/innen finden bzw. „MÄNNER GESUCHT! Wo sind die Tenöre und Bässe?“

  1. Werbung/Marketing
    – Bekanntmachungen von Mitgliedersuchen, Aktionen und Konzerten über alle verfügbaren Kanäle (siehe Kapitel „Chormarketing“)
    – Wünsche, Geschmäcker, Erwartungen und insbesondere Hemmungen vorzeitig erkennen. Vielleicht schon in der Werbung/Einladung deutlich kommunizieren was potentielle Mitsänger erwartet bzw. nicht erwartet (z.B. Solo singen, regelmäßige Teilnahme an Proben, …).
  1. Proben
    – Zuhören erlaubt: Öffentliche Proben können nicht nur die Konzentration für ein folgendes Konzert steigern. Sie eigenen sich auch für Bekanntgaben in den Medien und den Dialog mit Besuchern vor und nach der Probe.

    – Sonder-/Schnupperproben mit komplett neuem Repertoire um Interessierte und Mitglieder in die gleiche Ausgangsposition zu bringen. Andernfalls hört der Chorleiter nur schwer ob alle die Phrase sicher mitsingen und probt zu schnell. Stücke sollten den Teilnehmern entsprechend ausgewählt sein und neben einem guten Song auch der Textinhalt und das Arrangement passen. Auch zusätzliche Einführungsproben einzig mit den Einsteigern sowie ausgewählten Mitglieder zur Verstärkung können sinnvoll sein.
  1. Konzerte
    – Konzerte zur Werbung nutzen. Die Zuhörer sind bereits an der Musik und den Mitwirkenden interessiert. Zum Mitsingen fehlt möglicherweise nur noch ein kleiner Impuls. Kombinierbar mit Einladungen zu Sonderproben und andere Aktionen.

    – Das Eis brechen: Einfache Lieder zur Auflockerung mit dem Publikum einstudieren. Die Barriere wird gelöst, geschieht dieses bereits im vorderen Teil des Konzertes.
  1. Aktionen
    – Zeitlich befristete Projekte (z.B. Tages- bzw. Wochenendworkshops oder wöchentliche Proben über mehrere Monate). Zur besonderen Motivation kann auf ein Abschlusskonzert hingearbeitet werden. Eine besondere und bekannte musikalische Auswahl sowie reizvolle Konzertorte erhöhen die Erfolgsaussichten.
    – Kreative Aktionen oder Miniworkshops (dicht am Thema doch außerhalb vom Probenraum). Wenn Sänger und insbesondere die Männer nicht zur Chorprobe kommen, muss die Chorprobe jene Orte aufsuchen wo es Sänger bzw. Männer gibt. Kurze kompakte Workshops an ungewöhnlichen Orten (z.B. Turnhalle, Kneipe, Rathaus, Kantine, Mensa/Kantine, …)
    – Kreative Themen-Workshops um mit potentielle Mitglieder allgemein an das Singen zu führen und um mit ihnen in den Dialog zu treten. Themen können z.B. sein: „Motivation im Beruf durch Singen“, „Stimmtraining für Fußball-Fangesänge“, „Neue Trinklieder für Studenten“
  1. Nachwuchsarbeit
    – Langfristige Nachwuchsarbeit. Beispiel: Kurze 20-Minuten-Proben mit Jugendlichen z.B. im Konfirmandenraum direkt nach den Unterricht. Dieses langfristig für Singen begeistern. Zur Motivation können kleine Auftritte in Gottesdiensten anvisiert werden.
  1. Männerspezifische Tipps
    Ein Dauerthema unzähliger Chöre ist die Männerknappheit. Die Möglichkeiten zur Rekrutierung sind grundsätzlich identisch mit den bereits beschriebenen Optionen. Doch was genau hält Männer davon ab das Chorsingen nicht mindestens einmal auszuprobieren? Denn einmal über den eigenen Schatten gesprungen sind sie häufig mit Begeisterung dabei und die treuesten Mitglieder.
    Insbesondere Männer freuen sich über regelmäßiges Lob – erst recht wenn sie noch unsicher sind. Auch mögen sie robust wirken, sollten Späße nur mit Bedacht auf ihre Kosten gemacht werden. Manchmal könnten sie als Machos in den Mittelpunkt gerückt werden. Auch eine Art Wettkampfsituation kann sie aus der Reserve locken (z.B. die Textsicherheit im Wechsel mit den Frauen testen)
    – Einladung zu Sonderproben einzig durch Ergänzung der männlichen Chormitglieder (erneutes geduldiges Aufarbeiten vom Repertoire oder auch Einstudieren einfacher Stücke mit Männerbesetzung). Ist das Eis gebrochen ist der Schritt in die große Probe leichter.
    – Bei Direktansprache als Appetitanreger repräsentative Chormusik vorspielen oder auf Videoportalen zeigen

Nachhaltigkeit
Wichtig ist auch, alle Mitglieder ab der ersten Minute motiviert im Probenraum und als Mitglied zu halten.
Das ist jedoch bereits Thema im Kapitel „Mitgliederbindung/-motivation“.

Mitgliederbindung/-motivation

Mitglieder halten
Das Thema „Fluktuation“ sollte in einem Chor ernst genommen werden. Ist sie zu groß bzw. wandern zu viele Mitglieder ab, so ist es wichtig die Gründe zu erkennen. Die positive Seite ist möglichst singstarker Zuwachs verbunden mit frischem Wind auch auf sozialer Ebene.
Hat eine neue Person den Proberaum einmal betreten, so sollte er/sie sich auch rundum wohlfühlen dürfen doch auch zur Integration motiviert werden.

Mitglieder halten (soziale Betrachtung)
Tipps/Vorschläge:
– Freiwillige „Kümmerer“ könnten sich neuen und kommunikationsschwächeren Mitgliedern annehmen, zwischenmenschliche Probleme erkennen und ggf. mit dem Chorleiter/Vorstand diskutieren
– Bleiben Mitglieder unentschuldigt längere Zeit fern, so lohnt sich ggf. eine Kontaktaufnahme um die Gründe vorsichtig zu erfragen. War vielleicht sogar ein anderes Mitglied der Auslöser?

Mitglieder halten (musikalische Betrachtung)
Tipps/Vorschläge
– Chorleiter müssen ein Feingefühl dafür entwickeln, dass sich niemand in einer Probe langweilt. Wird stille Aufmerksamkeit erwartet während eine andere Stimmgruppe probt, wollen alle Chormitglieder auch durch aktive regelmäßiges Einbeziehen wieder belohnt werden.
– Arrangements sollten auf das Niveau des Chores abgestimmt und singbar sein.
– Abwechslung motiviert!
-> Stimmen welche üblicherweise nicht die Melodie singen z.B. mit eingeschobenen Liedern in den Vorgrund bringen
-> Routinen im (didaktischen) Ablauf häufiger auflockern und brechen
– Machen die Gesangslinien Spaß, so betrachten die Mitglieder ihr Mitsingen auch als wichtigen Beitrag für den Gesamtklang.
– Ist der Männeranteil im Verhältnis zum Gesamtchor zu klein um sich separat als Bass bzw. Tenor durchsetzen zu können, lohnt sich eventuell das Zusammenlegen aller Männer in eine gemeinsame Baritonstimme. Abgesehen davon sind Stimmlagen nicht unbedingt geschlechtsspezifisch und können ggf. von Frauen unterstützt werden. Auch der gemittelte Tonumfang der Männerstimmen kann es erforderlich machen die tiefen und hohen Töne zu vermeiden und eine Baritonstimme einzuführen.

Gründe warum Männer sich in einem Chor möglicherweise nicht wohlfühlen
Feststellungen, Erfahrungen, Rückmeldungen: 
– Zu intensiver sozialer Austausch vor/nach dem Singen
– Zu feminine/alberne Einsingübungen (mit Gynmastik) bzw. Choreographien beim Singen
– Hemmungen sich beim Singen zu öffnen bzw. mit Gefühl zu singen
– Extrovertiertes Singen anderer (weiblicher) Mitglieder
– Frustrierende Männerstimmen (zu langweilig, klare Linie/Melodie fehlt, zu hoch, zu tief, schwer singbare Intervalle, …)
– Andere Stimmgruppen quatschen während die eigene konzentriert üben möchte (betrifft den gesamten Chor)
– Zeitlich ungleiche Behandlung beim Üben der jeweiligen Stimmen (z.B. wenn der Alt ihre Gesangslinien deutlich häufiger wiederholen darf obwohl die Männerstimmen gleichermaßen Bedarf haben)

Chormarketing

Selbst ein Laienchor braucht eine funktionierende Pressearbeit. Was sind die wichtigsten Methoden und Tricks um Veranstaltungen zu vermarkten und Informationen an die richtigen Personen zu bringen?
– Welches Ergebnis wird benötigt/erwartet? Beispiele: Mitgliederzuwachs, Publikum bei Konzerten, Teilnehmer bei Workshops
– Wer kann wie erreicht werden und welche Medien werden von den identifizierten Zielgruppen genutzt?
Mögliche Medien und Kanäle sind: Tageszeitungen, Mitgliederzeitungen (z.B. Gemeindebrief der Kirche oder Gemeinde), Webportale, Mailverteiler, Foren und Netzwerke, Direktansprache im Familien- und Bekanntenkreis
– Welche Werbekanäle werden in der heutigen Zeit nur noch geringfügig wahrgenommen und könnten vernachlässigt werden bzw. wo sind Bekanntgaben falsch platziert?
Beispiele:
Jugendliche lesen selten Zeitung und sind eher über unterhaltende Methoden erreichbar
Flyer und Plakate werden häufig erwartet: Ist die tatsächliche Erfahrung messbar positiv, dann ist das weiterhin eine sinnvolle Investition.
Posten von Plakaten für ein lokale Konzerte erreichen in bundesweiten Facebookgruppen nur selten die Zielgruppe. Eine Facebook-Veranstaltung hingegen ermöglicht allen Chormitgliedern das Einladen von Freunden. Mailverteiler scheinen verstaubt zu sein, doch werden sie noch immer sehr gut wahrgenommen.
– Gibt es Feedback zu den letzten Werbekampagnen? Was hat gut geklappt? Was nicht?
– Multiplikatoren finden und diese mit direkt nutzbaren Mitteln ausstatten:
1. Text/Plakat für Mail-Verteiler (Anhänge möglichst kleiner als 1 MB)
2. Weblink zum Verteilen in sozialen Netzwerken
3. Chormitgliedern die Möglichkeit geben, eine Onlineveranstaltung einfach weiterzuleiten (Facebook-Veranstaltungen)
4. Flyer und Poster verteilen (ggf. koordinieren wer zum Bäcker und wer zur Apotheke geht)
– Welche Ausdrucksform spricht die Zielgruppe(n) an?
Kompakte Fakten? Detaillierte Texte? Reißerische Formulierungen? Sachliche Stil oder direkte Ansprache?
– Texte und Flyer modern oder der Zielgruppe entsprechend formulieren und gestalten. Dazu ggf. Hilfe und Inspiration von Nicht-Mitglieder holen, denn diese haben meist eine völlig andere Perspektive. Bei Jugendprojekten könnten auch Eltern wie Jugendliche mit Feedback, Erfahrung und anderen Tipps an Gestaltung und Formulierungen mit einbezogen werden.
– Ein Presseartikel mit unterhaltsamen Hintergrundinformationen zum Repertoire und zur Besetzung des Chores könnte für mehr Aufmerksamkeit sorgen als einzig eine Aufzählung der Fakten wie Termin, Ort, Komponist und Spendenzweck.
– Stets bei der Wahrheit bleiben: Ist das Liedgut modern arrangiert? Sind Leiter und Mitglieder alles andere als konservativ eingestellt? Singt der Chor an ungewöhnlichen Orten? Dann darf durchaus für einen „zukunftsorientierten Chor“ geworben werden. Hingegen können Formulierungen wie „125 Jahre bestehender Gesangverein“ abschrecken und steht nicht automatisch für Qualität und Offenheit.

Chorregeln

Chorregeln sollten eine in sich schlüssige Struktur haben. Dieses Kapitel wird sich diese Struktur allerdings noch erarbeiten müssen und kontinuierlich die besten Tipps aus hoffentlich noch folgenden Regelwerken übersichtlich zusammenfassen.
Den Anfang macht ein Kurzüberblick von Vivian Glade. Sie ist Chorleiterin in Bremerhaven und sammelte ihre Erfahrungen insbesondere bei der Chorarbeit mit Kinder und Jugendlichen sowie generationsübergreifenden Chören.
Beispiel-Chorregeln zusammengefasst von Vivian Glade
„Der Chorleiter muss sich vorher darüber klar sein, was er sich als Regeln wünscht, wo er Verhandlungsspielraum sieht – und wo nicht. 
Es hilft, den Chor oder zumindest Chorsprecher / Stimmführer / den Vorstand einzubeziehen.
Wichtig: 
Regeln sollen helfen, nicht drangsalieren. Transparenz ist wichtig, ebenso die Fähigkeit, sinnlose Regeln nachzubessern.
Ein Beispiel:
Ein Chor hat sich jahrelang darüber geärgert, dass einige Auftritte übergut von allen besucht wurden (auch bei schlechtem Probenbesuch vorher), andere hingegen oft unterbesetzt stattfinden mussten. Die Sänger einigten sich gemeinsam mit der Chorleitung darauf, die Anwesenheit akribisch zu notieren.
Kleine Auftritte (Geburtstage, Gottesdienste etc.) und die Proben müssen nun zu 50 % besucht werden, bevor man die beliebten Konzerte und Großauftritte (z.B. TV-Auftritte) mitgestalten darf.
Damit aber nicht beim Aufschreiben so leicht geschummelt wird, der Chor aber auch in die Verantwortung genommen wird, schreiben im festen Turnus Vertreter aller Stimmlagen abwechselnd die Probenanwesenheit auf und geben monatlich die Anwesenheitszeiten bekannt.
Wer aus Krankheitsgründen oder aufgrund eines Neueinstiegs nicht auf seine Kleinauftrittsanwesenheit kommt, kann durch aktives Helfen seinen Punktestand aufpolieren.
In diesem Chor gibt es feste Strukturen. Der Chor darf in einem gewissen Maß
bestimmte Entscheidungen mittragen, andere sind allein der musikalischen Leitung überlassen. Trotzdem übergeht diese die Sänger nicht, sondern erklärt unliebsame Entscheidungen, hört zu und erarbeitet gemeinsam mit dem Chor eventuelle Änderungen oder Verbesserungen.
Neben dem Vereinsvorstand gibt es dort 5 Stimmführer („Admins“). Diese sind nicht immer die besten und sichersten Sänger, sondern die jenigen, die am besten als Teamführer geeignet sind. Sie sorgen für die entsprechende Arbeitsatmospäre, begrüßen neue Sänger, vertreten gegenüber Chorleitung und Vorstand die Interessen der Sänger und umgekehrt. Zusätzlich gibt es 2 sogenannte Koordinatoren, Organisatoren, die für die technischen Abläufe, mitunter den Kaffee und ähnliches verantwortlich sind, Feste leitend organisieren, Bücher und Beamer bereit stellen etc.
Grundlage jeglichen Spaßes ist einfach das Miteinander reden.
Ich setz mich immer durch – wenn es Sinn macht. Wenn nicht, geb ich durchaus nach. Ich will, dass die Mitglieder verstehen, warum ich manchmal unbequeme Entscheidungen treffe. Es gibt diesen schönen Unterschied zwischen autoritärem Gehabe und Autorität. Im allgemeinen sind andere Chorleiter immer überrascht, dass ich nur mit dem kleinen Finger wackeln muss und der Chor springt – ohne in irgendeiner Weise erschreckt zu sein.
Mein Hauptspruch ist: Wer im Chor singen will, muss (!) teamfähig sein. Wer das nicht ist, kann sich ne Band suchen oder zu Dieter Bohlen in die Sendung latschen.“

Interkulturelles Singen
Hilfestellungen und Tipps zum Thema „Interkulturelles Singen“
Berichte erfolgreicher Chorprojekte z.B. mit Flüchtlingen haben diverse Chorleiter und Chöre inspiriert eigene Projekte zu starten. Gleichermaßen haben Chöre immer wieder Freude daran, fremdsprachige Lieder einzustudieren oder treffen im Austausch sogar auf anderssprachige Chöre und müssen notfalls mit Händen und Füßen kommunizieren.
Ein schönes Beispiel bietet die Reportage im SWR Fernsehen „Auch Du kannst singen! Das Chor-Experiment mit Einwohnern von Sasbachwalden und Flüchtlingen“. Chorleiter, Musiklehrer und Kirchenmusiker Patrick Bach aus Mosbach wird bei seinem Projekt in Sasbachwalden begleitet.
http://swrmediathek.de/player.htm?show=5521c3c0-f00f-11e5-9a86-0026b975e0ea
Folgend eine lebende Sammlung von Projektschritten, Fragen, Antworten und Tipps. 
Redaktionell aufgearbeitete Erfahrungen sind willkommen und können im Folgenden eingearbeitet werden. Hier zählt der gemeinnützuge Wiki-Gedanke. Texte und Ergänzungen sendet gerne an die Vokalszene- bzw. Gospelszene-Redaktion: admin (at) gospelszene.de
Projektschritte (Gedankensammlung):
Ziele definieren (Was soll erreicht werden?)
Ansprechpartner finden/definieren
Lokalitäten für Proben und Konzerte finden und definieren
Marketing (siehe allgemeines Kapitel zum Chormarketing)
Problemstellungen (Gedankensammlung):
Was ist im Umgang miteinander zu beachten? (z.B. Frauenrolle in muslimischen Ländern vs. Deutschland)
Wie können Spannungen gelöst werden?
Fragen & Antworten (Gedankensammlung):
Welches Liedgut kann unterschiedlich harmonisch geprägte Menschen einfach verbinden? Gibt es einen (notwendigen) gemeinsamen Nenner?
Was unterscheidet ein interkulturelles Projekt von einem üblichen Workshop bzw. Konzert?