Was SängerInnen wissen sollten

Interview mit Miriam Schäfer aus Soulteens.de


Miriam, was ist denn das A und O bei einem guten Einsingen?

Ob man es glaubt oder nicht: Als erstes muss der Körper aktiviert werden, denn er muss beim Singen mitarbeiten. Um die benötigte Körperspannung zu trainieren, kann man z.B. auf einem Bein stehen und zuerst den Fuß, danach das Unterbein und dann das gesamte Bein kreisen lassen. Auch das Abklopfen des ganzen Körpers ist eine Möglichkeit, um den Körper zu aktivieren. Ebenfalls ein wichtiger Teil des Einsingens ist eine bewusste Atmung. Beim Singen benötigen wir weniger Luft als beim Atmen oder Sprechen, da die Stimmbänder bei vollen Klängen häufiger geschlossen sind. Eine einfache Übung ist stoßartiges Ausatmen. Einfach beim Ausatmen die Muskelkraft einsetzen, danach die Bauchwand locker lassen und dabei entspannt wieder einatmen. Erst nach diesen beiden Schritten ist das richtige Einsingen an der Reihe. Hierbei sollen die Muskeln, die den Kehlkopf bewegen, die Gesichtsmuskeln, die Zunge und Stimmbänder und noch weitere Muskeln angesprochen werden. Nasale Übungen über „m“, „n“ und „ng“ (Klang durch die Nase, Mund geschlossen halten) sind zum Einstieg optimal. Dazu wählt man erst tiefere Töne und dann höher gelegene Tonfolgen aus. Es ist wichtig, entspannt zu beginnen. Beim Einsingen geht es nicht sofort um schöne Klänge, sondern um das Aufwärmen und Aktivieren der Stimmbänder.

Gibt es denn DIE Stimmtechnik, um Gospel zu singen?

Eine der großen gesangstechnischen Herausforderungen beim Gospelsingen liegt darin, hohe Töne voluminös klingen zu lassen. Eine Technik hierfür ist „Retraction“. Die Grundlage dafür ist ein breites Lächeln. Das sieht nicht nur gut aus, sondern beeinflusst auch die Muskeln direkt über den Stimmbändern, wodurch wir mehr Volumen bekommen. Für den Gospelchor ist außerdem ein gemeinsamer Sound wichtig. Hier ist der Chorleiter gefragt, eine klare Vorgabe zu Lautstärke, Pausensetzung und Klang zu setzen und diese mit dem Chor zu trainieren.

Mal unter uns: Gospel ist viel mehr als Musik, oder?

Auf jeden Fall! Die Herausforderung liegt darin, unseren Zuhörern die meist englischen Texte und die damit verbundenen Emotionen zu vermitteln. Also ist es erst einmal wichtig zu verstehen, was wir da eigentlich singen, um es unserem Publikum „erzählen“ zu können. Es ist ratsam sich den Text zu übersetzen und gemeinsam darüber zu sprechen. Ich erlebe es manchmal, dass jemand mit einem Song eine persönliche Geschichte verbindet. Wenn er sie mit dem Rest des Chores teilt, macht es das Lied viel intensiver für alle. Natürlich ist auch die Ausstrahlung ein wichtiger Faktor für eine gute Bühnenpräsenz. Es ist wichtig zu wissen, dass das Gesicht und die Körperhaltung mitsingen und einen Einfluss auf unseren Klang haben. Eine tolle Übung ist es, sinnfreie Laute wie „wiwiwiwiwi“ mal traurig, mal fragend, mal freudig zu singen. Am besten mit einem Gegenüber, das darauf reagieren kann. So kann man prima seinen Ausdruck reflektieren und verschärfen.

Hast du noch einen Tipp, um den eigenen Bühnenauftritt zu verbessern?

Bei einem großen Konzert gibt man meistens die Technik in die Hände von anderen – was natürlich sehr sinnvoll ist. Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass es Sicherheit gibt, seine eigene Stimme technisch aussteuern zu können, oder zu wissen, welche Frequenzbereiche und Effekte der eigenen Stimme schmeicheln. Daher rate ich jedem Sängerin und jedem Sänger, sich das Mischpult von einem Techniker erklären zu lassen und einfach mal selber auszuprobieren, wie die Stimme mit verschiedenen Einstellungen klingt. Ein anderer Tipp ist, dass man einen daumenbreit Abstand zwischen Mund und Mikrofon halten sollte. Natürlich sollte man auch dynamisch damit arbeiten und die eigene Lautstärke durch die Entfernung zum Mikrofon variieren. Wenn man dann noch das Mikrofon in einem 45 Grad-Winkel hält, kann (fast) nichts mehr schiefgehen (lacht).